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Atempause

Juni 28, 2019

Als Christine nach Turbenthal kam war sie in verschiedenen Lebensbereichen am Limit. Begegnungen mit Menschen und unserer Prospektwand verhalfen ihr zu einem Leben in Freiheit.

 

von Regina Schleicher

Die Geschichte, die Christine mir erzählte, brachte mich dazu, die, in meinen Augen eher unnütz dahinvegetierende Prospektwand in der Kapelle mit neuen Augen zu sehen.

Es gibt sie in allen Kirchen. Oft im Eingangsbereich, an einer gut sichtbaren Wand. Bunt und farbig, mehr oder weniger ordentlich. Bei uns ist sie aus hellem Holz, anderswo aus Plastik, Glas oder anderem Material. Ich rede von der Prospektwand, vom Zeitschriften- oder Broschürenständer – oder wie immer diese Gestelle genannt werden. Oft habe ich mich gefragt: Wer beachtet die Prospekte, Broschüren und Flyer überhaupt? Wem bringt das etwas? Machen sie einen Sinn, diese mehr oder weniger ansprechenden Auslagen, die nicht aus den Kirchen wegzudenken sind? Es braucht jemanden, der sich darum kümmert: Wer ist verantwortlich für die Ordnung, wer sortiert die alten Sachen aus? Und dann die heikle Frage: Was wird überhaupt ausgestellt? Nur die kircheneigenen Sachen? Welche Flyer und Prospekte anderer Denominationen werden toleriert? Wo ist die Grenze? Wer bestimmt das? Wer näher mit dem Auslegen der Prospekte zu tun hat, weiss, dass sehr oft dieselbe Anzahl Exemplare, die hingelegt wurden, später entsorgt werden müssen. Dies ist frustrierend für denjenigen, der hofft, dass sein Produkt Anklang finden wird.

Dies meine Überlegungen zu dem Thema bis zu dem Tag, an welchem mir Christine ihre Geschichte erzählte. Seitdem schaue ich unsere Formularwand mit andern Augen an.

Vor sieben Jahren ist Christine nach Turbenthal gezogen. Sie war in einer schwierigen Lebensphase, psychisch und physisch am Limit. Sie kannte kaum jemanden im Dorf. Da sie vom Hintergrund her aus der reformierten Kirche stammte, suchte sie dort Anschluss. Sie besuchte ein paar Mal die Gottesdienste, da sie aber zu niemandem Kontakt bekam, liess sie es wieder sein. Im Vorbeigehen fiel ihr die EMK-Kapelle auf und eines Tages fasste sie den Mut dort in den Gottesdienst zu gehen. Sie hielt es nicht bis zum Schluss aus und ging ca. in der Mitte des Gottesdienstes wieder nach Hause. Am nächsten Tag staunte sie nicht schlecht, als ein Gemeindeglied der EMK vor ihrer Türe stand um sie zu besuchen, dies hat sie sehr berührt! Von da an besuchte sie ab und zu Gottesdienste, später auch einen Hauskreis. Noch über längere Zeit hielt sie es nicht immer bis zum Ende des Gottesdienstes aus, aber je länger je mehr fühlte sie sich wohler und wurde vor allem auch von den Liedern angesprochen. Auch schätzte sie es sehr, dass sie immer herzlich begrüsst wurde und zu einigen Gemeindegliedern Kontakt bekam. Ein Besuch von drei Jugendlichen der Gemeinde an einem Sonntagnachmittag ist ihr auch noch besonders in Erinnerung, das hat sie sehr gefreut und berührt.

Eines Tages fiel ihr im Formularpool der Kapelle die Zeitschrift Atempause vom Bibellesebund auf und sie nahm ein Exemplar mit nach Hause. Damit fing sie an in der Bibel zu lesen und wurde davon angesprochen. Es half ihr entscheidend eine Beziehung zu Jesus zu bekommen. Sie fühlte mehr und mehr eine Freiheit, wuchs im Glauben, spürte, wie sie sich bei Gott anlehnen kann. Die Beziehung zu Jesus heilte sie von ihren Belastungen und Wunden der Vergangenheit. Heute fühlt Christine sich wohl und zuhause in unserer Gemeinde und hilft in einigen Bereichen mit.